Fast 70 Jahre bestehen der Landesverband der Egerländer Gmoin und die Egerland-Jugend in Hessen. Die Gmoin bildeten für die Heimatvertriebenen Egerländer eine Gemeinschaft zum Aufrechterhalten ihrer Mundart und ihrer Traditionen. Diese Aufgabe übernahmen im Kreis Gießen besonders die Gmoin Hungen und Gießen. Stolz ist man über die Ernennung der Egerländer Tracht(en) zur „Tracht des Jahres 2022“ durch den Deutschen Trachtenverband. Alle zwei Jahre findet das Landestreffen der Egerländer Hessen statt, diesmal in den Räumen der katholischen Kirchengemeinde St. Paulus in Lich.
Traditioneller Bestandteil des Vormittags war die gut besuchte Heilige Messe, zelebriert von Pfarrer Dr. Ludger Müller in der St. Paulus Kirche. Dem in Sundern im Sauerland aufgewachsenen Pfarrer gelang es eindrücklich, dass besonders in Bezug auf die Vertreibung wichtige Thema „Versöhnung“ mit dem aktuellen Thema des Todes von Königin Elisabeth II. zu verknüpfen.“ Er erinnerte an die Begegnung von Elisabeth II. mit dem früheren Bundespräsidenten Lübke, der ebenfalls aus Sundern stammt. Besonders beeindruckt zeigten sich die Egerländer vom Anstimmen des Liedes „Kein schöner Land“ passend zur Predigt. Landeskulturwart Jürgen Zuber stellte im Totengedenken fest „… tief drin in unserem Herzen sind unsere Lieben immer bei uns, ganz gleich, wo sie ihre letzte Ruhe fanden“. Nach dem Gottesdienst ging es zum gemeinsamen Mittagessen.
Der Bürgermeister von Lich, Dr. Julien Neubert, hatte die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen. Er verwies in seinem Grußwort auf den vollen Don-Bosco-Saal als Antwort auf die Zukunftsfragen der Brauchtumspflege. Der wegen Teilnahme am Oktoberfestzug verhinderte Bundesvüarstäiha Volker Jobst sandte ein Grußwort, vorgetragen vom Bundesorganisationsleiter Wolfgang Jordan. Darin bedankte er sich besonders für die hessischen Aktivitäten mit den regionalen Trachtenausstellungen zur „Tracht des Jahres“ , teilweise mit Tanzdarbietungen. Ein Mundartgedicht bot der hessische SL Landesobmann Markus Harzer dar. Die zahlreichen Gäste in Tracht waren ein schöner Anblick. Und das dies nicht nur die Älteren anspricht, zeigten die aktiven Volkstanz- und Jugendgruppen in den Gmoin Braunfels, Dillenburg, Herborn, Hungen und Offenbach.
Mit dem 34. Landestreffen, das unter dem Motto „Rund um den Kaiserwald“ stand, zeigten die aktiven Egerländer in Hessen, dass die Brauchtumspflege weiterhin einen hohen Stellenwert hat. Sowohl die Landes-Vüarstäihare Gerlinde Kegel und die Landesjugendführerin Mona Hafer verwiesen auf die Aufrechterhaltung der Tradition. „Wir pflegen nach wie vor unsere Mundart, unser Liedgut und die Volkstänze, tragen die Egerländer Trachten, lieben unsere Egerländer Schmankerl.“, führte Gerlinde Kegel aus. Dies geschieht besonders in den Tanzgruppen, wie der Auftritt des Egerländer Volkstanzkreises aus den Gmoin Braunfels, Dillenburg und Herborn bewies. Mona Hafer konnte anschließend den Langsdorfer Felix Mückstein (Gmoi Hungen) für seinen Einsatz mit dem bronzenen Jugendabzeichen des Egerländer Bundes auszeichnen.
Eine besondere Ehrung wurde Anneliese Schmidt aus Hungen mit der Verleihung der höchsten Auszeichnung der Egerländer, dem Bundes-Ehrenzeichen, zuteil. Wolfgang Jordan vom Bundesvorstand und Gerlinde Kegel zeichneten sie für seit 1960 andauernde Gmoi-Vorstandsarbeit und langjährige Arbeit als stellvertretende Trachtenwartin im Landesvorstand aus. Jürgen Mückstein (Langsdorf/Gmoi Hungen) erhielt die zweithöchste Auszeichnung des Bundes, die Bundesehrennadel, für seinen Einsatz im Gmoi-Vorstand und in der Landes-Organisation.
Den „Kaiserwald“, das Gebiet im Dreieck der Weltbäder Karlsbad, Marienbad und der Stadt Königsberg an der Eger, brachte Landeskulturwart Jürgen Zuber in mehreren Beiträgen näher. Mit dem 983 hohen Berg „Judenhau“ (Lesny) und dem zweitgrößten böhmischen Jagdrevier nannte er zwei wesentliche Merkmale des Gebietes. Er durchwanderte thematisch die ehemals freie Bergstadt Schlaggenwald, Bad Sangerberg, Bad Königswart und weitere Orte. Jürgen Zuber beendete die Wanderung mit einem Blick auf Heimatforscher und Heimatdichter, u.a. auf Herta Huber (Karlsbad), Anton Schuster (Elbogen) und Josef Urban (Sandau). Die Verdeutlichung der Heimatliebe zeigte er mit dem Vortrag des Gedichts von Franz Starauschek (aus Rokendorf, auch als Vuagl Franz bekannt) „Ma schäi(n)st´s Platzl“.
Für musikalische Höhepunkte sorgten das „Original Böhmerländer Terzett“ unter der Leitung von Horst Nausch, der Chor der Egerländer Gmoi Offenbach mit „Kaiserwald bin dir…“, die singenden Kulturwarte „Christa und Jürgen“ aus der Gmoi Limburg mit dem „Kaiserwåldlied“und die Egerland-Jugend . Bei den vielen Tanzauftritten war die gemischte Kindergruppe aus den Gmoin Offenbach und Dillenburg ein besonderes Ereignis. Der „Schustertanz“ und die „Spitzboumpolka“ wurden vom Publikum begeistert aufgenommen. Zum gemeinsamen „Schäi(n Lustigh“ trafen sich alle Tänzerinnen und Tänzer auf Tanzfläche und Bühne.
Eine kleine Trachtenausstellung, die derzeit als Wanderausstellung in Hessen zu sehen ist, stellte eindrucksvoll die Vielfalt Egerländer Trachten vor.
Bericht und (c) Bilder: Hans-Jürgen Ramisch, Öffentlichkeitsarbeit, Landesverband Hessen